Werte schaffen mit...
CREDION-Vorstand Henrik Felbier im Interview mit Alexander Hornikel und Thomas Wandler von Kloepfel Consulting.
Mit Beschaffungsoptimierung Werte schaffen: „Die reine Preisoptimierung ist inzwischen völlig obsolet”
Der Trend ist eindeutig: Unternehmen setzen bei ihrem Einkauf inzwischen weitaus stärker auf eine kluge Balance aus Effizienz und Verfügbarkeit bei einer maximalen Transparenz der gesamten Lieferkette als auf eine ausschließliche Preisoptimierung. „Eine reine Preisoptimierung ist obsolet“, sagt Alexander Hornikel, Senior Partner bei Kloepfel Consulting. Gemeinsam mit dem Mutterkonzern EPSA ist Kloepfel mit über 1.450 Mitarbeitern die größte auf Einkauf- und Lieferkettenmanagement spezialisierte Beratungsgruppe Europas. Im Interview informieren die Einkaufs-Experten Alexander Hornikel und Thomas Wandler, Geschäftsführer Kloepfel Consulting Österreich, darüber, wie ein kluger Einkauf Werte schafft.
H. Felbier: 2022 war nicht nur von einer immensen Volatilität der Rohstoffpreise geprägt, sondern auch von massiv gestörten Lieferketten. Wie sehen Sie die Trends für 2023?
A. Hornikel: Aktuell zeichnet sich ab, dass die Lieferketten wieder besser funktionieren und sich die Versorgung in vielen Branchen wieder etwas entspannt. Zwar berichteten laut ifo-Institut im Februar 2023 mehr als 70 Prozent der Maschinenbauer, der Elektroindustrie und der Automobilbranche von Engpässen bei Rohstoffen und Vorprodukten, dennoch zeigt sich ein grundsätzlicher positiver Trend. Dadurch haben viele Unternehmen branchenübergreifend Zeit, ihre erhöhten Kosten zu durchleuchten und Kostentreiber zu identifizieren, um die Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben. Das betrifft vor allem die gestiegenen Energiekosten, die Rohstoffkosten, Personalkosten und die Transportkosten. Die Unternehmen sind sensibilisiert dafür, wie stark die Qualität des Einkaufs und der Lieferkette ihren Wert beeinflusst. Deshalb haben die Kunden inzwischen eine ganzheitliche Kosten- und Performance-Optimierung im Blick…
H. Felbier: Wie sieht eine ganzheitliche Kosten- und Performance-Optimierung aus?
A. Hornikel: Die reine Preisoptimierung ist tatsächlich bis zu einem bestimmten Grad obsolet. Es geht vor allem darum, die komplette Supply Chain nach Kosten- und Verfügbarkeitsrisiken zu durchleuchten und Transparenz herzustellen.
Wir stellen immer häufiger fest, dass sich im Zuge der letzten anderthalb, zwei Jahre Prozesse etabliert haben, die hohe Kosten verursachen. Ein Beispiel: Der Kunde produziert Teile, schickt sie zum Oberflächenveredler, holt sie sich wieder zurück, lagert sie wieder bei sich ein und kommissioniert die Ware in Richtung Kunden neu. Das verursacht unnötige Transportkosten und kostet wertvolle Zeit. Hier betrachten wir den gesamten Prozess. In diesem Fall kann man überlegen, ob man das Ganze nicht neu denkt. Wenn der Kunde schon seine Ware mehrere hundert Kilometer für den letzten Veredlungsschritt transportiert, kann man die Produkte auch gleich beim Lieferanten oder in der Nähe einlagern, dort kommissionieren und an den Kunden schicken. So werden die Transportkosten und die eigene Lagerfläche optimiert sowie Kosten reduziert. Das ist dann der Total-Cost-of-Ownership-Ansatz.
H. Felbier: Werden europäische Unternehmen ihre Produktion von Südostasien nach Europa oder in die USA verlagern?
T. Wandler: Zu Südostasien zählen natürlich eine Anzahl an Ländern. Wer seine Supply Chain auf Risiken prüft, wird feststellen, wo in Südostasien höhere und wo überschaubare Gefahren liegen. Daher muss das Thema sehr differenziert betrachtet werden. Hinzu kommt, dass eine Verlagerung nach Europa oder nach Amerika natürlich auch davon abhängt, wo der Endkundenmarkt liegt.
Wir sehen aber schon, dass das Nearshoring innerhalb von Europa ein intensiv gelebter Trend ist. Es wird versucht, Lieferketten zu verkürzen und zurückzuholen, um mit den kürzeren Wegen auch schnellere Reaktionszeiten zu bekommen.
Zudem ist eine Verlagerung mit einer technologischen Herausforderung verbunden: Sehr viele Unternehmen sind mit ihren Technologien so weit nach Asien oder China gegangen, dass man diese nicht einfach verlagern kann, weil das Knowhow in Europa fehlt. Dabei reden wir nicht über hochkomplexe Elektronikkomponenten, bei denen nach dem europäischen Chip-Gesetz Investitionen gefördert werden. Vielmehr geht es um einfache Bauteile, Baugruppen bis hin zu großen Schweißbaugruppen, wo viele Kapazitäten noch in Südostasien liegen, sodass diese in Europa nicht schnell genug abdeckbar wären.
H. Felbier: Welche Kriterien stehen bei der Entscheidung über eine zukunftsfähige Beschaffungsstruktur im Mittelpunkt?
T. Wandler: Die Kriterien für eine zukunftsfähige Beschaffungsstruktur kommen zum einen aus dem Markt, aber natürlich auch aus der eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Das heißt: Welche marktfähigen Produkte werde ich in Zukunft produzieren oder auch welche Dienstleistungen möchte ich anbieten? Diese Produkt- und Dienstleistungsstrategie sollte man mit den Lieferanten und ihrer Roadmap regelmäßig abgleichen und prüfen. Ist der Lieferant, mit dem ich jetzt zusammenarbeite, auch noch der richtige Partner, wenn ich die nächste Produktgeneration auf den Markt bringe oder wenn sich irgendetwas verändert? Geht man beispielsweise technologisch noch in eine gemeinsame Richtung? Dabei kann man auch von den Lieferanten lernen. Sie müssen schließlich auch Produkte entwickeln, die der Markt in Zukunft braucht. Das ist eine Aufgabe, die auch der Einkauf im Blick haben muss.
H. Felbier: Wer mit seinen Kunden keine Preisgleitklausel vereinbart hatte, stand vor einem gewaltigen Problem. Was haben Sie beobachtet? Konnten die Unternehmen die deutlich gestiegenen Preise von Vorprodukten dennoch an ihre Kunden überwälzen?
A. Hornikel: Die deutlich gestiegenen Preise von Vorprodukten wurden in Form von Zuschlägen weitergegeben. Es hat sich schnell etabliert, dass Energiezuschläge und Materialteuerungszuschläge trotz nicht vereinbarter Preisgleitklauseln angekündigt und umgesetzt wurden. Die geschah teilweise sehr rigoros. Wenn Kunden diese Zuschläge nicht akzeptierten, wurden sie nicht mehr beliefert. Das haben viele Unternehmen gemacht. Zu diesem Zeitpunkt aber waren die Zuschläge für viele schlicht überlebensnotwendig.
Die Zuschläge hatten – in Anführungszeichen – für beide Seiten aber auch den Vorteil, dass in dem Moment, wo sich der Markt wieder geändert hat, der Zuschlag relativ einfach entfernt werden konnte.
H. Felbier: Seit 2023 gilt für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“. Was ändert sich für die Unternehmen? Und wie bereiten sich die rund 4.800 Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern auf die Einführung 2024 vor?
T. Wandler: Das Lieferkettenschutzgesetz überrascht die Unternehmen nicht, da es schon vor langem angekündigt wurde. Zum anderen zahlt das Lieferkettenschutzgesetz in all diese Themen ein, die wir jetzt besprochen haben, da die Unternehmen zur Einhaltung des Gesetzes Transparenz über ihre Supply Chain benötigen. Dadurch können nicht nur Risiken für Menschenrechte oder die Umwelt identifiziert werden, sondern auch Risiken und Chancen für den Einkauf insgesamt – ob beim Thema Liefersicherheit oder Kosten. Was man jetzt schon spürt, ist, dass mehr und mehr Unternehmen das Thema am Markt auch an ihre Lieferanten weitergeben - ganz unabhängig von ihrer Größe. Kurz: Wir haben den Eindruck, dass die Unternehmen schon recht gut auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz vorbereitet sind.
Herr Hornikel, Herr Wandler, ich danke Ihnen für dieses Gespräch!
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Über die Kloepfel Group
Nachhaltige Einkaufs- und Lieferkettenoptimierung
Gemeinsam mit dem Mutterkonzern EPSA Group bildet Kloepfel mit rund 1.450 Mitarbeitern die größte auf Einkauf- und Lieferkettenmanagement spezialisierte Beratungsgruppe im paneuropäischen Raum. Die Kloepfel Group wurde bereits im achten Jahr in Folge mit dem Publikumspreis „Beste Berater“ von Brand eins und Statista ausgezeichnet. In Summe beschäftigt die Gruppe mehr als 200 Themenspezialisten.
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