
Noch liegt die Kerninflation in Europa im Juni mit 5,5 Prozent hoch. Aber: Die Frühindikatoren sind eindeutig: Das Ende der hohen Inflationsdynamik steht bevor – und damit voraussichtlich das Ende der Leitzinserhöhungen der EZB mit einem letzten Zinsschritt von 25 Basispunkten auf dann 4,50%. Frühindikatoren wie die Einfuhrpreise, die Erzeugerpreise oder die Großhandelspreise signalisieren zuverlässig vorab Trends, die sich zeitverzögert in der Inflation widerspiegeln. In den Produktions- und Vertriebsprozessen sind diese Preise vorgelagert. Bis ein Produkt auch tatsächlich ausgeliefert und fakturiert ist, dauert es. Die Einfuhrpreise lagen im Juni um satte -11,4 Prozent niedriger als 12 Monate zuvor, die Großhandelspreise gaben gegenüber dem Vorjahreswert um -2,9 Prozent nach, die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte blieben mit +0,1 Prozent auf Vorjahresniveau. Zeitverzögert wirken sich diese Effekte dämpfend auf die Inflation aus. Schon heute ist das Bild innerhalb Europas heterogen: Belgien liegt im Juni mit einer Inflationsrate von 1,6 Prozent sogar niedriger als das angestrebte Ziel von 2 Prozent, in Deutschland bei 6,4% und die Slowakei mit mehr als 10-Prozent-Preissteigerung weiterhin deutlich zu hoch.
Kreditnachfrage hat sich deutlich reduziert
Damit ist eine weiche Landung für Europa unwahrscheinlicher als in den USA, wo die Inflationsrate bereits jetzt wieder bei 3% liegt – bei einem erwarteten Wirtschaftswachstum von 2,2% für das 2. Quartal. „Aufgrund der Frühindikatoren, die auch für Europa eine erheblich nachlassende Inflationsdynamik signalisieren, gehen wir davon aus, dass die EZB kurzfristig ein Zinsplateau erreichen wird und nun nur noch ein Zinsschritt bevorsteht“, so CREDION-Vorstand Tobias M. Weitzel. Die Kollateralschäden weiterer Zinserhöhungen – nicht zuletzt im Immobilienbereich – würden in Europa inzwischen immer sichtbarer. Das höhere Zinsniveau habe sich bereits stark dämpfend auf die Anlageninvestitionen der Unternehmen ausgewirkt. So sei die Kreditnachfrage auf ein „Allzeittief“ seit Beginn der turnusmäßigen Umfrage im Jahr 2003 gefallen, teilte die EZB laut einer aktuellen Erhebung mit.
Unternehmen brauchen Planungssicherheit
CREDION-Senior-Kundenberaterin Angela Hofmeister: „Wir sehen eindeutig Potential für Nachfragewachstum. Aber: Unternehmen brauchen Planungssicherheit für Investitionen – sowohl auf der Zinsseite als auch bei den Rahmenbedingungen. Und das reicht von innerer und äußerer Sicherheit über langfristig verlässliche Energiepreise in Deutschland und Europa, eine wettbewerbsfähige Infrastruktur, ein gutes Fachkräfteangebot, ein funktionierendes Bildungssystem bis hin zu verlässlichen Steuern auf einem international konkurrenzfähigen Niveau.“

Wie könnten Banken und alternative Finanzierer derzeit effektiver zusammenarbeiten?
Die Finanzierungslage im deutschen Mittelstand zeigt deutliche Anzeichen von Problemen. Es häufen sich Berichte über gesunde Unternehmen mit soliden Fortführungsaussichten, die dennoch aufgrund von Finanzierungsengpässen in die Insolvenz geraten. Eigentlich sollte ausreichend Kapital von Banken, Private-Equity- und Private-Debt-Fonds sowie anderen alternativen Fremdfinanzierern verfügbar sein.
11.09.2023

Warum wir in Deutschland mehr Mut und Entschlossenheit brauchen
Es kann keiner sagen, dass wir ein Erkenntnisproblem hätten: Deutschland ist als Investitionsstandort nicht mehr attraktiv. Die Flucht aus Deutschland hat begonnen. Die ausländischen Investitionen in Deutschland sind nach OECD-Zahlen fast vollständig eingebrochen. Nur noch rund 10,5 Milliarden Euro wurden 2022 in Deutschland investiert. Der niedrigste Wert seit 2013. Noch schlimmer: Die Mittel-Abflüsse aus Deutschland lagen 2022 bei fast 135,5 Milliarden Euro. Fast 70 Prozent der Gelder aus Deutschland flossen in andere europäische Staaten. Das Institut der Deutschen Wirtschaft sieht in einer klugen Analyse der Investitionsdaten ein echtes Risiko für eine Deindustrialisierung.
06.09.2023