
Ökonomen fordern Leitzins-Erhöhung, um Inflation einzudämmen:
Finanzierungen dürften knapper und teurer werden
Die hohe Inflationserwartung von inzwischen fast 6% für 2022 lässt Zinserhöhungen bereits im zweiten Halbjahr 2022 und ein Ende der Anleihe-Kaufprogramme der EZB wahrscheinlicher werden.
Ursache sind die hohen Energie- und Rohstoffpreise, Lieferengpässe und die Geldpolitik. Das ist die Einschätzung des 38. Ökonomenpanels des Münchner ifo-Instituts und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Für das Jahr 2023 erwarten die Experten einen Preisanstieg von 3,4%. Drei Viertel der befragten Ökonominnen und Ökonomen sprechen sich für sofortige Maßnahmen durch die EZB aus. Dabei favorisieren sie eine Leitzinserhöhung vor dem Auslaufen des Ankaufsprogrammes für Anleihen. Im Durchschnitt rechnen die Experten mit einem Anstieg auf 1% bis Ende 2022. Ein Wert, der letztmals vor rund einer Dekade erreicht wurde.
Kreditvolumina bei Banken werden tendenziell sinken und Bank-Margen wachsen
CREDION-Vorstand Tobias M. Weitzel: „Mit diesen Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung dürften die Anleihekurse sinken und die Anleihezinsen steigen, während sich das Potential zur Kreditvergabe der Banken reduzieren wird. Denn während im Rahmen von Quantitative Easing beim Anleihekauf durch die EZB Zentralbankgeld geschaffen wurde, kehrt sich dieser Effekt nun um: Die Zentralbankgeldmenge wird tendenziell abnehmen und der Spielraum der Geschäftsbanken für ihre Kreditvergabe verringert sich – bei gleichzeitig steigenden Bank-Margen.“ Damit werden alternative Finanzierer, die Unternehmen Wachstumsfinanzierung und Transformationsfinanzierungen anbieten, als Partner immer wichtiger.
US-Szenario einer schrittweisen Zinserhöhung könnte Vorbild für EZB werden
In den USA ist die Notenbankpolitik bereits sehr viel konsequenter gegen die Inflation vorgegangen. „Dort ist die Situation aber auch fundamental anders: Denn neben den steigenden Energie- und Rohstoffpreisen sowie den Inflationseffekten aus Lieferengpässen ist in den USA ein sehr starker Arbeitskräftemangel und eine Lohn-Preis-Spirale erkennbar, so dass Amerikas Zentralbanker als Gegenreaktion inzwischen elf Zinsschritte bis Ende 2023 angekündigt haben. Immerhin: Damit erhalten die Marktteilnehmer Planungssicherheit und ein sanfter Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik wird möglich“, so Weitzel. Ende 2023 läge der Leitzins der Federal Reserve bei knapp drei Prozent – einem Wert, der zuletzt im März 2008 erreicht wurde. „Ein Szenario, das auch für Europa mittelfristig möglich ist und zeitverzögert Finanzierungen knapper und teurer werden lässt“, erklärt der CREDION-Gründer.

Wie könnten Banken und alternative Finanzierer derzeit effektiver zusammenarbeiten?
Die Finanzierungslage im deutschen Mittelstand zeigt deutliche Anzeichen von Problemen. Es häufen sich Berichte über gesunde Unternehmen mit soliden Fortführungsaussichten, die dennoch aufgrund von Finanzierungsengpässen in die Insolvenz geraten. Eigentlich sollte ausreichend Kapital von Banken, Private-Equity- und Private-Debt-Fonds sowie anderen alternativen Fremdfinanzierern verfügbar sein.
11.09.2023

Warum wir in Deutschland mehr Mut und Entschlossenheit brauchen
Es kann keiner sagen, dass wir ein Erkenntnisproblem hätten: Deutschland ist als Investitionsstandort nicht mehr attraktiv. Die Flucht aus Deutschland hat begonnen. Die ausländischen Investitionen in Deutschland sind nach OECD-Zahlen fast vollständig eingebrochen. Nur noch rund 10,5 Milliarden Euro wurden 2022 in Deutschland investiert. Der niedrigste Wert seit 2013. Noch schlimmer: Die Mittel-Abflüsse aus Deutschland lagen 2022 bei fast 135,5 Milliarden Euro. Fast 70 Prozent der Gelder aus Deutschland flossen in andere europäische Staaten. Das Institut der Deutschen Wirtschaft sieht in einer klugen Analyse der Investitionsdaten ein echtes Risiko für eine Deindustrialisierung.
06.09.2023