04.03.2024

🚀 Werte schaffen mit Lena Weirauch, CEO & Co-Founderin von ai-omatic: 4 Jahre Pionierarbeit in Predictive Maintenance mit KI

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Lena Weirauch ist sowohl Diplom-Psychologin als auch CEO & Co-Founderin bei ai-omatic. In ihrer Rolle als CEO ist sie verantwortlich für den Bereich Sales und bringt ihre Expertise in statistischen Verfahren ein, um wegweisende Software zu entwickeln. Parallel dazu promoviert sie an der Universität Bern im Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie. Sie ist zudem noch Landessprecherin des Startup-Verbandes in Hamburg. In ihrer neuen Rolle setzt sich Lena dafür ein, dass die Bedingungen für Gründer*innen und das gesamte Startup-Ökosystem in Deutschland und Europa verbessert werden, um eine gründungsfreundliche Umgebung zu schaffen und Innovationen zu fördern.

Helena: ai-omatic ist vier Jahre alt geworden und kommt nun in den Kindergarten – was ist im vergangenen Jahr passiert und wie hat sich „euer Baby“ verändert?

Lena: Also die größte Veränderung ist definitiv, dass wir uns vom Projektgeschäft zum Produktgeschäft hin entwickelt haben. Zunächst haben wir individuelle Kundenprojekte betreut und daraufhin unsere Software kontinuierlich weiterentwickelt. Wir haben bei dem Projektgeschäft vor allem den Fokus darauf gelegt, die Projekte abzuarbeiten. Mittlerweile ist es so, dass unsere Kunden kontinuierlich unsere Lösung nutzen und es vor allem darum geht, ganz strategisch zu überlegen, in welche Features wir Zeit investieren und wie die Software aussehen muss, damit Kunden sie zukünftig noch intensiver nutzen. Das ist eine ganz andere Arbeit. Daher würde ich insgesamt sagen, dass wir uns strategischer aufgestellt haben.

Helena: Wie würdest du deinen Alltag als CEO in drei Worten beschreiben?

Lena: Abwechslungsreich, herausfordernd, intensiv.

Helena: Was motiviert, was demotiviert?

Lena: Sowohl interne als auch externe Motivationsfaktoren. Ein externer Faktor sind zufriedene Kunden. Wenn ein Kunde mich anruft und sagt: „Hey, durch eure Software haben wir gerade zwei Wochen im Voraus einen Maschinen-Ausfall vorhergesagt!“, ist das ein richtig großer Motivationsschub. Mehr geht nicht. Wir bekommen direktes Feedback zu unserer Software.

Interne Motivation kommt für mich auch aus dem Team. Wenn ich von meinen Mitarbeitenden höre, dass wir einen schönen Arbeitsplatz bieten, dass die Leute gerne zur Arbeit kommen, dass sie sich bei uns wohlfühlen, dann ist das für mich auch eine ganz große Motivation, einfach ein guter Arbeitgeber zu sein.

Auf der anderen Seite muss ich mir Mühe geben, nicht zu schnell demotiviert zu sein, wenn sich Ziele nicht so schnell oder genauso umsetzen lassen, wie ich mir das vorgestellt habe. Früher hat es mich schon demotiviert, schlechtes Feedback zu unserer Idee zu bekommen, oder mit fundamentalen Zweifeln konfrontiert zu sein. Daran habe ich gearbeitet und bin wesentlich resilienter geworden.

Helena: Wie hat sich die Unternehmensvision und -mission seit der Gründung entwickelt, und wie hat dies das Wachstum und die Richtung von ai-omatic beeinflusst?

Lena: Die Vision ist relativ gleich geblieben: „Wir wollen die beste und vor allem sinnvollste Lösung im Bereich Predictive Maintenance bieten.“ Daher haben wir auch immer den Fokus darauf gelegt, dass es eine skalierbare Lösung sein soll, weil in unserem Bereich viel Projektgeschäft angeboten wird. Die Vision ist unverändert. Was sich immer mal wieder verändert und auch verändern muss, ist der Weg, wie wir dahin kommen. Denn der Bereich, in dem wir unterwegs sind, ist ziemlich fragmentiert, und es ist auch jetzt noch nicht ganz klar, wie wir exakt dahin kommen und wie sich unser Markt entwickeln wird.

Dementsprechend hat sich unsere Herangehensweise ab und zu verändert: Manchmal legen wir mehr Fokus auf unser Dashboard, also die Kundenansicht, manchmal konzentrieren wir uns mehr auf die Algorithmen im Hintergrund. Eines meiner größten Learnings ist, dass es mehr darauf einkommt, wen du einstellst und nicht wie viele Leute man einstellt.

Ein Startup wie unseres mit unserer Vision braucht auch einen Anteil Senior-Level, der gewisse Erfahrungen mitbringt, und so ein junges Team dadurch komplettiert.

Helena: Inwiefern haben sich die Marktbedingungen und die Wettbewerbslandschaft seit der Gründung verändert, und wie habt ihr darauf reagiert?

Lena: Ja, spannende Frage! Ich würde sagen, dass ein großer Punkt für uns der KI-Hype war, der zum einen positiv aber auch negativ war. Positiv war, dass das gesamte Thema rund um künstliche Intelligenz viel Aufmerksamkeit bekommen hat, und dadurch auch unsere Firma mit dem Firmennamen ai-omatic solutions. Wir haben „AI“ im Namen. Dadurch haben die Kunden uns mit künstlicher Intelligenz verbunden und weil sie das als etwas Zukunftsweisendes empfunden haben, hat sie das angesprochen. Herausfordernd war, dass dann aber ganz viele Unternehmen auf diesen Zug aufgesprungen sind und die Begrifflichkeit der Künstlichen Intelligenz mit in ihr Produktportfolio aufgenommen haben, obwohl das inhaltlich gar nicht stimmte. Und sich davon abzugrenzen war eine Herausforderung. Diese Abgrenzung haben wir geschafft, indem wir uns von dem Begriff der künstlichen Intelligenz ein bisschen distanziert haben. Wir stellen vor allem den spezifischen Kundennutzen heraus. Das hat uns bei der Abgrenzung geholfen.

Helena: Einer eurer Produktansätze ist Innovation - Welche Rolle spielte Innovation bei eurem Erfolg, und wie fördert ihr die kontinuierliche Innovation in eurem Unternehmen?

Lena: Innovation ist letztendlich die Grundlage für alles bei uns. Wir agieren in einem Markt, der noch recht jung ist und wo der Ausgang noch relativ ungewiss ist. Da ist es unheimlich wichtig, innovativ zu sein und vor allem Dinge anders zu machen, als sie vorher gemacht worden sind. Denn offensichtlich haben diese Wege ja so nicht funktioniert. Deshalb spielt Innovation bei uns eine große Rolle. Als Unternehmen denken wir ständig darüber nach und prüfen, was unsere Kunden wollen und was den Kundennutzen erhöht. Der Entwicklungsprozess wird durch das Kundenfeedback und agiler Produkt-Weiterentwicklung bestimmt. Das haben wir mittlerweile sehr stark in unseren Alltag integriert, sodass wir wirklich sehr schnell auf Veränderungen im Markt reagieren können, da wir sie durch unsere Kunden gespiegelt bekommen und entsprechend unsere Strategie anpassen können.

Wir versuchen die kontinuierliche Innovation in unserem Unternehmen zum Beispiel durch Research zu fördern. Gerade im Bereich Data Science passiert unheimlich viel. Da nehmen sich unsere Data Scientists viel Zeit, um sich kontinuierlich die neuesten Innovationen in dem Bereich Machine Learning anzueignen. Wir nehmen uns auch viel Zeit für neue Technologien am Markt aufmerksam zu sein, das bringt uns weiter.

Helena: Female Founder sind in der Branche noch immer eine Seltenheit. Welchen Rat würdest du anderen Frauen geben, die ebenfalls den Weg in die Industrie einschlagen möchten? Ist das noch immer eine Herausforderung?

Lena: Ja, sehr gute Frage. Interessanterweise würde ich sagen, dass sich mein Umgang mit diesem Thema stark verändert hat. Als ich in der Branche angefangen habe, habe ich das gar nicht so wahrgenommen, dass ich als Frau in diesem Bereich eine Seltenheit bin. Jetzt bin ich sensibilisierter und nicht mehr so angepasst. Mittlerweile versuche ich, möglichst selbstbewusst zu sein, mich möglichst wenig zu verstellen, und vor allem wenig Angst zu haben. Einfach präsent zu sein und mich nicht zu verstecken.

Wenn man als Frau in die Tech-Branche einsteigen möchte, wäre mein Rat, sich schon bewusst zu machen, dass es eben eine Herausforderung ist. Es ist einfach etwas anderes, in einem Bereich zu arbeiten, wo das Verhältnis von Männern und Frauen nicht ausgeglichen ist. Es kann auch eine Chance sein, seine Weiblichkeit zu nutzen, um präsent zu sein und sich nicht anzupassen. Ich habe gerade zu Beginn wirklich nur noch Sachen getragen, die grau oder blau waren und zum Beispiel keine Kleider oder Oberteile mit Ausschnitt. Ich habe mich da meistens angepasst. Mittlerweile bin ich da selbstbewusster und zeige ganz natürlich, dass ich eine Frau bin.

Helena: Was würdest du rückblickend anders machen, wenn du noch einmal die Chance hättest, in die Vergangenheit zu reisen?

Lena: Nicht viel. Alle meine Fehler haben mich da hingebracht, wo ich jetzt bin. Und alle Fehler sind daher mit vielen Learnings einhergegangen. Dementsprechend bin ich froh, dass alles so war, wie es war.

Wenn ich jetzt nochmal gründen würde, würde ich noch viel früher ein Produkt im Bereich Software as a Service auf den Markt bringen, um schneller Kundenfeedback zu bekommen und dieses in der Weiterentwicklung zu berücksichtigen. Wir haben aus Angst vor negativem Kundenfeedback zu lange am Produkt gearbeitet, ohne es zu launchen.

Wenn ich jetzt gründen würde, würde ich wahrscheinlich eine Holding-Ebene einziehen, die meine Anteile hält, und nicht als Privatperson gründen. Ein bisschen mehr Wissen hätte ich mir aneignen können, um andere Rahmenbedingungen für die Gründung zu schaffen. Aber wie gesagt: Am Ende hat mir das auch geholfen, so ein bisschen blauäugig in das ganze Thema einzusteigen. Hätte ich damals gewusst, was da für ein Wahnsinn auf mich zukommt, dann weiß ich nicht, ob ich es so gemacht hätte.

Helena: Was hat Dich in extrem anstrengenden Phasen davon abgehalten, aufzugeben?

Lena: Also grundsätzlich bin ich ein sehr leistungsmotivierter Mensch und Aufgeben ist für mich keine Option. Natürlich hat man irgendwann auch eine Art von Verantwortungsgefühl gegenüber den Mitarbeitern und den Investoren. Das wäre nicht nur mein persönlicher Rückschlag, sondern es würde auch andere Leute betreffen. Wenn ich immer noch eine mögliche Lösung gesehen habe und ich nicht alles probiert habe, war Aufgeben nie eine Option für mich. Und grundsätzlich bin ich auch eher der Wettbewerbs-Typ: Ich habe Lust, den Leuten zu beweisen, dass es funktionieren kann und dass man auch als junge Frau im Tech-Bereich erfolgreich sein kann.

Helena: Worauf bist du abschließend besonders stolz und was würdest Du gerne als deine Erfahrung weitergeben?

Lena: Besonders stolz bin ich, dass wir uns nicht haben abbringen lassen von unserem Weg. Wir haben oft gehört, dass eine skalierbare Lösung im Bereich der Predictive Maintenance kein realistisches Ziel sei. Trotzdem den Mut und das Vertrauen zu haben, dass wir da einen Weg sehen und daran festgehalten haben, macht mich sehr stolz. Ganz viele Leute haben mir gesagt: du solltest niemals mit einem Partner gründen! Du solltest niemals mit einem Familienmitglied gründen! Du solltest niemals eine Freundin einstellen. Das habe ich bestimmt 10.000 Mal gehört. All diese Dinge habe ich gemacht und all diese Dinge waren sehr gute Entscheidungen, die ich getroffen habe. Und selbst wenn es dann mal so war, dass man ein freundschaftliches Verhältnis hatte und dann arbeitstechnisch getrennte Wege gegangen ist, wurde das Verhältnis dadurch nie belastet. Und darauf bin ich schon ziemlich stolz.

Wenn ich jemandem was mitgeben würde, dann, dass es darauf ankommt, seine eigene, individuelle Realität zu bewerten. Es gibt einfach Dinge, die funktionieren für den einen und für den anderen halt nicht. Aber nur weil sie für den einen nicht funktionieren, bedeutet das nicht, dass sie für einen anderen nicht funktionieren. Da kann ich jeden nur ermutigen, auf sich selbst zu hören und es am Ende auch einfach auszuprobieren und zu korrigieren, wenn es schief geht. Da sollte man einfach auf sein Bauchgefühl hören und seine eigene Entscheidung treffen. Man selbst weiß nun mal am besten, was für einen richtig ist. Und dann geht es mit Zuversicht voran.